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Tinka Bechert: Triangulations

Ein Ausstellungs- und Forschungs-Projekt

Übersicht: Das künstlerische Projekt Triangulations befasst sich mit dem Ägyptologen Karl Richard Lepsius und seiner Ägypten-Expedition von 1842 bis 1845. In der Installation in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften werden persönliche Details mit historischen Informationen verbunden. Die linearen Narrative wissenschaftlich-historischer Forschung werden erforscht, ergänzt und hinterfragt.

Text: Tinka Bechert | Bereich: Beiträge von Künstlern

Dieses Projekt fand in Zusammenarbeit mit dem Altägyptischen Wörterbuch und im Rahmen des Jahresthemas 2011|2012 der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ArteFakte. Wissen ist Kunst – Kunst ist Wissen statt. Das Projekt Triangulations ist ein umfangreiches Forschungsprojekt, in dem ich dem berühmten Ägyptologen Karl Richard Lepsius und seiner Expedition von 1842 bis 1845 nach Ägypten auf künstlerische Art nachging.

Ich war als „artist in residence“ im Jahr 2011 bei der Abteilung Altägyptisches Wörterbuch an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, um dort mein Wissen über die historischen Zeugnisse der Expedition zu vertiefen. Anhand des etwas veralteten Reiseführers (dem von Lepsius in den Jahren 1842–1845 geschriebenen Reisebericht Briefe aus Aegypten, Aethiopien und der Halbinsel des Sinai (Berlin 1852) war ich 2010 bereits als „artist in residence“ in Ägypten gewesen, um auch dort der Expedition von Lepsius nachzuspüren. Mit der Unterstützung von ägyptischen Experten wie Dr. Zahi Hawass habe ich wichtige Orte der Expedition besucht.

Da Lepsius neben anderen Errungenschaften auch vorrangig an der Chronologie der ägyptischen Altertümer gearbeitet hat, bezog sich mein Interesse auf den Aspekt der Zeitlichkeit, deren Wahrnehmung ab dem 19. Jahrhundert zunehmend durch wissenschaftliche Weltbilder geprägt wurde.

Tinka Bechert: The Imaginary Unit, Made in Egypt (2010). Foto: Tinka Bechert.

Durch die detaillierte Forschung in Lepsius’ Tagebüchern entwickelte ich meine eigene Chrono-Logik, die persönliche Details in die Geschichte einflechtet. Die bisher noch unveröffentlichten Lepsius-Kalender und -Tagebücher bildeten hier die Grundlage meiner Installation, die die Zeitwahrnehmung in nicht-linearer Form als Grundidee realisiert hat. Ausgewählte Lithographien aus den „Denkmaeler-Werken“[1] von Karl Richard Lepsius, seine Tagebücher und Briefe ergänzten in der Ausstellung meine Arbeiten.

Die über fünf Stockwerke offene Rotunde im Akademiegebäude wurde zur räumlichen Visualisierung eines Zeitstrahles genutzt, indem die einzelnen Treppengeländer mit den in diesem Beitrag präsentierten Texten versehen wurden. Eine Auswahl aus faktisch richtigen historischen Daten, die 3000 Jahre umfassen, nimmt auch Details auf, die die linearen Narrative wissenschaftlich-historischer Forschung sprengen.

So wird laterale Forschung betrieben, die andere Denkansätze aufzeigt. Zwischen den Daten, die sich wiederum auf Daten aus Lepsius Aufzeichnungen sowie assoziierten geschichtlichen und zeitgenössischen Geschehnissen beziehen, werden rote, elastische Bänder gespannt, die die elastischeren Konzepte von Zeitwahrnehmung und Zeitgefühl darstellen.

Tinka Bechert: Triangulations (2012). Foto: Tinka Bechert.

Nachfolgend ein Auszug aus einer Rede von Ingelore Hafemann, Leiterin der Abteilung „Strukturen des Wortschatzes der ägyptischen Sprache“ an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, anlässlich der Vorstellung des im Kadmos Kulturverlag erschienenen Buches Karl-Richard Lepsius. Der Begründer der deutschen Ägyptologie, herausgegeben von V.M. Lepper und I. Hafemann, im Rahmen einer Veranstaltung des Neuen Museums Berlin.

„Tinka Bechert ist die Ururenkelin von Richard Lepsius. Mit ihrer Installations-Ausstellung Triangulations hat sie das Faible ihres Ururgroßvaters für Chronologie aufgegriffen – und für Zusammenhänge. Rote Zauberseile (dicke rote Stricke) der Künstlerin verbanden spinnennetzartig die verschiedenen Etagen des Treppenhauses des Akademiegebäudes in seiner nach oben offenen Rotunde. Eine Visualisierung von Zeit- und Raumebenen, in denen Personen und Ereignisse und ihr wechselseitiges, auch zufälliges Aufeinanderwirken – und zwar über Jahrtausende hinweg – quasi sichtbar gemacht wurden. Das ergab eine irgendwie ungeordnete, aber faszinierende Architektur, mit einer eigenen Struktur, die die Mitarbeiter der Akademie nicht zuletzt schon rein optisch begeisterte. In ihrer Ausstellung an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hat Tinka Bechert ein Metronom gezeigt. Dieses Metronom hat sie auf ihre Art ‚bearbeitet’ – und daraus einen Zeitmesser gemacht, indem sie den Ausschlagradius des Taktgebers mit den Worten ‚Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft’ markiert hat. Zwischen diesen oszilliert das Pendel unaufhörlich hin und her. Es ist eine Visualisierung von Zeit – und zwar nicht als gewohnte lineare Erfahrung. Ein interessantes und ein starkes Bild. Es regt sofort zum Nachdenken an – über unsere Sicht auf Zeit und Raum. Die ja so verschieden war von der im alten Ägypten, wo Zeit gerade nicht linear begriffen wurde, sondern wo Zeit eher einen zyklischen oder zirkulären Aspekt hatte. Aber sie hat nicht nur diesen einen Aspekt. Es gibt z.B. viele Namen für Zeit und für Ewigkeit, es gibt Anfang und Ende der Zeit, es gibt göttliche Zeiten, die auch rückwärts laufen und bis zur Wiedergeburt führen und es gibt durchaus auch räumliche Aspekte der Zeit …“

Hieroglyphe. Foto: Tinka Bechert.

Sirius gilt seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. als Verkünder der Nilflut.

2850 v. Chr. Astronomische Rekonstruktionen belegen, dass die erste Sichtbarkeit von Sirius im Niltal mit dem 22./23. Juni zusammenfiel.

Bei den Ägyptern ist Sirius in der Göttin Sopdet inkarniert, die durch die Hieroglyphe eines kleinen spitzen Dreiecks symbolisiert wird.

2650 v. Chr. In Sakkara beginnen die erste Phase des Pyramidenbaus in Ägypten und die Monumentalisierung der Königsgräber.

Als Beleg ägyptischer Himmelsvorstellungen erscheinen nun Sternmuster in Decken-Verzierungen, z.B. in der Djoser-Pyramide, Sakkara.

2580 – 2560 v. Chr. Bau der Großen Pyramide von Cheops in Gizeh, angrenzend an das heutige El Giza, Kairo. Der Bau dauerte etwa 20 Jahre.

1875 v. Chr. Bereits 21 Tage vor dem heliakischen (zur aufsteigenden Sonne gehörenden) Aufgang von Sirius zu Zeiten von Julius Cäsar in Rom wird 46 v. Chr. am 1. August das besondere Ereignis verzeichnet.

1875 v. Chr. Der heliakische Aufgang von Sirius findet am 16. Tag des vierten Monats im Winter statt.

Tinka Bechert: Triangulations (2012). Foto: Tinka Bechert.

Ca. 700 v. Chr. In Hesiods Theogonie wird der erste Herrscher der Welt, Uranos, von seinem Sohn, dem Titanen Kronos, entmachtet und getötet.

Der altägyptische Gott Geb, auch großer Schnatterer genannt, scheint die ägyptische Entsprechung von Kronos zu sein.

Mit den Vorsokratikern beginnt etwa zwischen 600 und 400 v. Chr. die abendländische Philosophie. Dieser Begriff wird erst im 19. Jahrhundert geprägt.

Ca. 510 v. Chr. Pythagoras beschreibt die damals zyklische Zeitwahrnehmung als gleichförmige Kreisbewegung.

1. Mai 695 v. Chr., 3.15 Uhr Eine Mondfinsternis ist in babylonischen Quellen überliefert.

Der Name „Babylon“ entsteht aus einer Fehllesung der altägyptischen Ortsbezeichnung „Haus des Nils von Heliopolis“.

Tinka Bechert: Triangulations (2012). Foto: Tinka Bechert.

Um 450 v. Chr. Herodot gibt die Zeit um den 22./23. Juni als Beginn der Nilflut an.

Heliakischer Aufgang von Sirius zu Zeiten von Julius Cäsar in Rom ist 46 v. Chr. der 1. August.

Spätere arabische Astronomen bezeichnen die häufig erscheinenden Fata Morganas als den vom Himmel tropfenden Speichel des Hundssterns.

In Deutschland wird der heliakische Aufgang des Sirius ab dem 30.8. beobachtet; heute ist dies ein Zeichen für den Herbstanfang.

Die Tage vom 23. Juli bis zum 23. August werden heute in manchen Gegenden nach Canis Major und Sirius noch Hundstage genannt.

100 v. Chr. Der Turm der Winde, ein Uhrenpavillon mit der Funktion einer Wetterstation, wird in Athen gebaut.

Tinka Bechert: Triangulations (2012). Foto: Tinka Bechert.

47 v. Chr. Julius Cäsar landet in Ägypten.

31 v. Chr. Ägypten wird römische Provinz.

In der griechisch-römischen Zeit Ägyptens ist es die Göttin Satet, die mit einem Pfeilschuss die Nilflut auslöst.

Kurz nach Christi Geburt Nach biblischer Tradition verlassen Maria und Josef auf Anraten eines Engels mit ihrem Kinde Judäa mit dem Ziel Ägypten.

Ägypten ist Zufluchtsland für verfolgte Christen wie im Jahre 70 n. Chr. nach der römischen Zerstörung Jerusalems.

Das Pseudo-Matthäus-Evangelium berichtet, dass die Heilige Familie in On (El-Matariya) ihre erste Stätte im Niltal erreicht. Jesus steckt einen Stock in die Erde, aus dem eine Palme hervorgeht, unter der Maria Rast macht und sich von deren Früchten nährt. Diese Palme gibt es nicht mehr; die heutige Sykomore stammt angeblich aus dem Jahre 1672.

973 Die neue Stadt Kairo wird Hauptstadt des fatimidischen Reiches.

1687 Newton schreibt: „Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich gleichförmig und ohne Beziehung auf den äußeren Gegenstand“.

Tinka Bechert: Zeichnung und Lepsius-Taschenkalender (2011). Foto: Tinka Bechert.

Der thermodynamische Zeitpfeil wird als potenzielle Basis für das Fließen der Zeit von der Vergangenheit in die Zukunft angesehen.

11. Juli 1700 Leibniz gründet die Kurfürstlich-Brandenburgische Sozietät der Wissenschaften.

23. Dezember 1790 Jean-François Champollion wird geboren.

15. Oktober 1795 Friedrich Wilhelm IV. wird in Berlin geboren.

Nach Immanuel Kant ist die Zeit ebenso wie der Raum eine reine Anschauungsform des inneren Sinnes.

1791 Die Zauberflöte, das letzte vollendete Werk von Wolfgang Amadeus Mozart, wird in Wien uraufgeführt.

Die Handlung der Zauberflöte spielt in ägyptischer Kulisse, da Ägypten besonders seit der Mitte des 18. Jahrhunderts groß in Mode ist.

17. Juli 1789 Schlacht bei den Pyramiden. Napoleon: „Denkt daran, dass von diesen Monumenten 40 Jahrhunderte auf euch herabblicken.“ Die Schlacht markiert das Ende von rund 700 Jahren türkischer Herrschaft in Ägypten.

Napoleons Pläne, den Nahen Osten zu kontrollieren, werden bereits zehn Tage später durch Nelsons Sieg bei Abukir zunichte gemacht.

1801 Kairo wird britisch.

12. Februar 1809 Charles Darwin wird geboren.

23. Dezember 1810 Richard Lepsius wird am selben Tage wie Champollion, aber 20 Jahre später, in Naumburg an der Saale geboren.

1822 Champollion entziffert die Hieroglyphen.

Tinka Bechert: Triangulations (2012). Foto: Tinka Bechert.

1830 Der Begriff „Tourismus“ taucht erstmals im Deutschen auf (aus dem französischen Substantiv le tour = „Reise“, auch „Spaziergang“).

1830 Lepsius hört nur die letzte Hälfte eines Konzertes von Paganini, da er sich die Karte und so auch die Vorstellung mit einem Freund teilt.

27. Dezember 1831 Die HMS Beagle sticht in See. Charles Darwin wird sofort seekrank. Darwins Vorhaben, die von Humboldt geschilderte Vegetation auf Teneriffa zu erkunden, scheitert.

4. März 1832 Jean-François Champollion stirbt in Paris.

1833 Lepsius promoviert in Berlin mit De tabulis Eugubinis, einer Bearbeitung von lateinisch-umbrischen Texten des 4. Jh. v. Chr.

14. Juli 1833 Lepsius kommt etwa ein Jahr nach dem Tode Champollions in Paris an.

1835 Lepsius reist nach Turin, seine Koffer werden vom Zoll zurückgehalten, woraufhin Lepsius friert.

22. März 1836 Lepsius schreibt, dass er an einem Tag oft mehr lerne als sonst in einer Woche, da er sich mit seinem Lehrer (I. Rosellini) beraten kann.

26. April 1836 Lepsius „wälzt sich zu seinem großen Behagen von morgens bis abends in allen möglichen ägyptischen Finsternissen herum“.

1836 gegründet, beginnt die Peninsular & Oriental Steam Navigation Company 1839 mit einer neuen kommerziellen See-Route nach Alexandria.

2. Oktober 1836 gegen 9 Uhr morgens Charles Darwins Schiff läuft nach 5-jähriger Reise in den Hafen von Falmouth, England, ein.

1839 Lepsius: „Meine Lust nach Aegypten […] wächst mit jedem Tage und die aegyptischen Reisenden fliegen einem hier um die Nase wie Fliegen“.

1839 Lepsius: „Wenn alle Stränge reißen, so nehme ich irgendwie in Deutschland das nöthige Geld auf und reise auf eigene Gefahr nach Cairo“.

Nahaufnahme der Briefe von Karl Richard Lepsius. Foto: Tinka Bechert.

1840 Lepsius sucht Alexander von Humboldt auf.

1839 Lepsius: „Es bleibt mir also nur Aegypten, und das hält sich wie ein Leitstern bei allen Überlegungen. […] Meine Zeit ist da“.

7. Juni 1840 Friedrich Wilhelm IV. tritt die Regierungsnachfolge als König von Preußen an.

1842 In Pilsen wird durch bayrische Einwanderer das erste Pils gebraut.

Auch im alten Ägypten entwickelt sich schon v. Chr. eine wichtige Industrie rund um den Gerstensaft, welche gänzlich vom Staat geführt wird. Auch als Grabbeigabe darf Bier nicht fehlen.

1. Sept. 1842 Abreise von Lepsius und Expeditionsmitgliedern von Southhampton auf dem Dampfschiff Oriental mit über 30 Kisten Gepäck.

Gizeh im Jahr 2010. Foto: Tinka Bechert.

2. Sept. 1842 Erbkam: „Ein eigenthümliches Gefühl ergriff mich bei dem Anblicke Afrika’s, wo ich 2 Jahre meines Lebens hinbringen sollte“.

16. Sept. 1842 Erbkam: „Wir reiten am koptischen Kloster und Kirche vorüber, sowie an der Moschee, wo Napoleon betete“.

Januar 1844 Lepsius schreibt neben wissenschaftlichen Forschungen Gedichte über die Wüste, u. a. ein Gedicht mit dem Titel Sternenmacht.

7. Dez. 1844 Lepsius findet die Durchforschung von Tempeln nun ermüdend,
 „da der Eifer seit den Pyramiden von Gizeh etwas gesunken war“.

April 1845 Edgar Allen Poe veröffentlicht die satirische Kurzgeschichte Gespräche mit einer Mumie, die die allgemeine Ägyptomanie persifliert.

16. Sept. 1845 Lepsius schreibt, dass „Mehmed Ali die Ausfuhr der Monumente ohne alle Schwierigkeiten, mit größter Freundlichkeit erlaubt habe“.

27. Januar 1846 Lepsius kehrt als letzter Expeditionsteilnehmer nach Berlin zurück.

1846 Lepsius über die anstehende Verlobung: „Ich zeige Ihnen das eiligst in der ganz unbeschreiblichen Seligkeit meines Herzens an“.

1846 Die Famile Klein „war jedoch ausser sich über die Eile, über den fremden Mann, der jähzornig, heftig und was alles sein müsse“.

K.R. Lepsius: Original-Briefe aus Ägypten und gefundene Kalenderblätter aus Gizeh. Foto: Tinka Bechert.

1846 Der 36-jährige Lepsius heiratet die 18-jährige Elisabeth Klein, mit der er sechs Kinder haben wird.

1846 Hochzeitsreise u.a. nach London.

1846 Ibrahim Pascha von Ägypten besucht Portsmouth, England, 77 Meilen südlich von London.

Mai 1846 Das Lastschiff Friederike trifft mit den ägyptischen Expeditions-Schätzen in Hamburg ein.

1847 Sir John Gardner Wilkinson veröffentlicht einen der ersten Reiseführer für Ägypten A Handbook for Egypt.

1849 Lepsius‘ Chronologie der Aegypter wird veröffentlicht.

1850 Als erste Abteilung des Neuen Museums eröffnet die Ägyptische Sammlung.

1857 Charles Darwin schreibt an Leonard Horner, um sich indirekt bei Lepsius zu bedanken, der ihn auf ägyptische Taubenarten hinwies.

24. November 1859 Darwins Entstehung der Arten wird publiziert; auf Seite 27 findet sich ein Hinweis auf ägyptische Tauben.

1852 Lepsius‘ Briefe aus Aegypten erscheint auf Deutsch und ist Alexander von Humboldt in tiefster Verehrung und Dankbarkeit gewidmet.

1852 Johanna und Leonard Horner übersetzen die Briefe für die englische Publikation, die 1853 erscheint.

1856 Fertigstellung des Neuen Museums.

1856 Lepsius zeigt Leonard Horner das Neue Museum.

1856 Charles Darwin trägt Lepsius‘ Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien in seine Liste der Bücher ein, die er lesen will.

Aufbau der Ausstellung Triangulations. Foto: K. Vang.

14. Juni 1857 Reinhold Lepsius, später Maler und noch später Urgroßvater von Tinka Bechert, wird geboren.

Oktober 1858 Aus Krankheitsgründen übergibt Friedrich Wilhelm IV. die Regentschaft an seinen Bruder Wilhelm.

1862 Sirius B, ein Begleiter von Sirius, wird beim Testen eines Teleskops entdeckt.

1863 Ismail Pascha oder Ismail der Prächtige wird osmanischer Vize-König, er führt eine umfangreiche Modernisierung Ägyptens durch.

1866 Lepsius reist erneut nach Ägypten und entdeckt den auf hieroglyphisch, demotisch und griechisch beschrifteten Stein von Canopus.

1869 Lepsius fährt zum Anlass der Eröffnung des Suezkanals zum dritten Mal nach Ägypten.

1874 Lepsius gibt beim Orientalistenkongreß in London die Anregung zu einer kritischen Ausgabe des Totenbuches.

1877 Karl Baedeker veröffentlicht Ägypten: Handbuch für Reisende in zwei Bänden.

14. März 1879 Albert Einstein wird in Ulm geboren.

1881 Lepsius soll das Präsidium des Orientalistenkongresses in Berlin führen; ein leichter Schlaganfall verhindert das.

1884 „Im Bette korrigierte Lepsius noch die letzten Bogen der Längenmaaße der Alten“. Er stirbt am 10. Juli 1884.

Tinka Bechert beim Ausstellungs-Aufbau. Foto: A. Devine.

1904 Auf den Grundlagen von Lepsius erstellt Eduard Meyer die erste systematische Chronologie unter Einbeziehung des Sothis-Zyklus.

Der Sothis-Zyklus bezeichnet die Zeit, die Sirius mit seinem heliakischen Aufgang benötigt, um einen 365-Tages-Kalender zu durchlaufen.

1905 Formulierung der speziellen Relativitätstheorie. Der Begriff der absoluten Zeit wird damit in der Physik überwunden.

Man ordnet jetzt jedem Beobachter seine so genannte Eigenzeit zu.

Massen beeinflussen den Ablauf der Zeit, so dass diese an verschiedenen Orten im Gravitationsfeld unterschiedlich schnell verstreicht.

Trotzdem liegt Newtons absolute Zeit auch heute noch dem menschlichen Alltagsverständnis des Phänomens Zeit zugrunde.

Tinka Bechert: Triangulations (2012). Foto: Tinka Bechert.

23. Dezember 1910 Feier zum 100. Geburtstag in der Staatsbibliothek Unter den Linden. Dort heißt es: „Lepsius hat die Wissenschaft von den Kinderkrankheiten befreit und eine grosse Reinheit in der Welt der Gelehrten geschaffen“.

1910 Sirius B ist bereits bekannt, sein geringer Durchmesser wird bewiesen.

„Giza Traffic“ im Jahr 2010. Foto: Tinka Bechert.

8. Juli 1911 Der deutsche Kurzfilm Die Nilbraut, wahrscheinlich nach dem Roman des Lepsius-Biografen Georg Ebers, erscheint.

18. Dezember 1914 Großbritannien erklärt Ägypten offiziell zum britischen Protektorat.

1916 Reinhold Lepsius, Richards fünfter Sohn, wird Mitglied der Akademie der Künste.

1924 Marietta Shaginyans sowjetischer Kriminalroman Mess Mend: Yankees in Petrograd erscheint; ein gewisser Doktor Lepsius spielt hier mit.

Ab ca. 1925 Ein möglicher dritter Begleiter von Sirius wird vermutet.

Kairo, 3. August 1925, 4.42 Uhr Sirius wird mit freiem Auge sicher gesehen; er leuchtet weiß aus dem roten Schein der Dämmerung hervor.

In Deutschland kann der heliakische Aufgang des Sirius erst ab dem 30. August beobachtet werden.

4. April 1934 Die frühere Fichtestraße in Berlin Steglitz wird in Lepsiusstraße unbenannt.

„Lepsius 29“, die kopflose Pyramide, Sakkara (2010). Foto: Tinka Bechert.

1984 Lepsius‘ 100. Todestag Das Ägyptische Museum in West-Berlin lädt zum Empfang ein, die 9-jährige Ururenkelin T. Bechert ist tief beeindruckt.

4. Oktober 1984 Die ägyptische Flagge wird zum ersten Mal in ihrer jetzigen Form gehisst.

1984 Thomas Pynchon veröffentlicht den Roman Unter dem Siegel, in dem ein Herr mit blauen Augengläsern auftaucht, der an Lepsius erinnern soll.

1985 Mit einem Teleskop der Europäischen Südsternwarte ESO werden 15 leuchtschwache Sterne in der direkten Umgebung von Sirius entdeckt.

1992 Der Islam wird Staatsreligion in Ägypten.

1992 Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften wird neu konstituiert.

1999 Man stellt fest, dass es um Sirius B keine stabile Umlaufbahn gibt; so kann der potenzielle Sirius C nur um Sirius A kreisen.

Kulturwissenschaft und philosophische Reflexion kommen zu der Einsicht, dass es die Zeit als anthropologische Konstante gar nicht gibt.

Im Wirtschaftsjahr 2000/2001 stammen fast 20 % der Deviseneinnahmen Ägyptens aus dem Tourismus.

2006 besuchen 8,6 Millionen Touristen Ägypten, womit das Land in der Welt-Tourismus-Statistik in diesem Jahr Platz 24 belegt.

September – Oktober 2007 Anne Devine, Tinka Bechert and Sarah Badran treffen sich erstmals am Banff Centre. Banff, Alberta, Canada.

Mai 2008 Nach Lepsius‘ Aufzeichnungen findet Dr. Zahi Hawass in Sakkara die lange verschollene kopflose Pyramide wieder (sie wird auch Lepsius 29 genannt, da sämtliche von Lepsius entdeckten bzw. dokumentierten Denkmäler nummeriert sind).

16. Oktober 2009 Das Neue Museum wird wiedereröffnet.

August 2009 Sarah Badran zieht nach Kairo und lädt T. Bechert und A. Devine dorthin ein. Durchschnittlich besuchen jedes Jahr 12,5 Millionen Touristen Ägypten.

28. März 2010 Auf der Route nach Ägypten besuchen die Künstlerinnen auch das Down House bei London, um Darwin einen Besuch abzustatten.

I ♥ Lepsius-Anstecker. Foto: Tinka Bechert.

1. April 2010 Anne Devine und Tinka Bechert kommen in zwei verschiedenen Flugzeugen mit insgesamt fünf Koffern in Kairo an.

8. April 2010 Ein Mann klettert bei Nacht auf die zweitgrößte Pyramide in Giza und bleibt oben. Die Beleuchtung des Bauwerkes bleibt an.

14. April 2010 Anne Devine und Tinka Bechert treffen endlich Dr. Zahi Hawass, Generalsekretär der Ägyptischen Altertümerverwaltung.

14. April 2010 Dr. Hawass unterschreibt eine Liste von Sondergenehmigungen, obwohl er nicht versteht, was das mit Kunst zu tun hat.

14. April 2010 Der isländische Vulkan Eyjafjallajökull bricht aus und überzieht Europa mit seiner Aschewolke.

21. April 2010 Force Majeure – Eyjafjallajökulls Aschewolke verhindert Tinka Becherts Rückflug um eine weitere Woche.

Ohne Karten, Internetzugang und arabische Sprachkenntnisse finden die Künstlerinnen schließlich die berühmte kopflose Pyramide in Sakkara, auch „Lepsius 29“ genannt.

In Dankbarkeit an Dr. Hawass und Herrn Lepsius zündet Tinka Bechert dort ihre herz-förmige „I ♥ Lepsius“-Geburtstagskerze an.

Das Herz war im alten Ägypten Zentrum des Menschen. Sitz des Denkens und Fühlens. Es wurde beim Mumifizieren nicht herausgenommen.

Triangulations: Lepsius 200, Pyramiden-Kuchen. Foto: Tinka Bechert.
Lepsius 200, Pyramiden-Kuchen. Foto: Tinka Bechert.

23. Dez. 2010 Lepsius hat Geburtstag. Um ihn zu feiern, backen die drei Künstlerinnen jeweils in Irland, den USA und Ägypten Pyramiden-Kuchen.

Inwieweit über die Krümmung der Raumzeit auch Reisen in die Vergangenheit prinzipiell möglich sind, ist nicht abschließend geklärt.

15. Januar 2011 Tinka Bechert kehrt nach Berlin zurück, um das Projekt Triangulations nun an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die bereits ihren Ururgroßvater unterstützt hatte, weiter zu verfolgen.

29. Januar 2011 Ägyptens Revolution beginnt mit Demonstrationen.

Nach physikalischen Prinzipien kann die Zeit als Zunahme der Entropie, d.h. der Unordnung in einem System, betrachtet werden.

31. Januar 2011 Dr. Hawass wird zum neuen Minister für Altertumsgüter ernannt; am 3. März wird er bei der Regierungsumbildung nicht mehr berücksichtigt; am 30. März jedoch erneut ernannt und am 17. Juli abermals entlassen.

Ab dem 2. Dezember 2011 waren es noch 92 Tage bis zum Ende dieser Ausstellung.

Tinka Bechert: Now, Now, Now (2010). Foto: Tinka Bechert.

Mit herzlichem Dank an Frau Dr. Hafemann, die Abteilung Altägyptisches Wörterbuch, Herrn Aue und die Abteilung Jahresthema der BBAW, die Irische Künstlerförderung (The Arts Council of Ireland) und Herrn Dr. Rainer Lepsius.

Beitragsbild über dem Text: Tinka Bechert: Triangulations (2012)
Foto: Tinka Bechert. Installationsansicht BBAW


[1] Denkmaeler-Werke bezieht sich hier auf die Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien. Die Ergebnisse der dreijährigen preußischen Expedition wurden von Lepsius in dem großen Tafelwerk Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien zusammengefasst, das in den Jahren 1849 bis 1859 erschien. Dafür wurden an die 900 Farblithografien von den Künstlern und Architekten der Expedition angefertigt, um so die Entdeckungen zu dokumentieren.

Zitierweise

Tinka Bechert (2017): Tinka Bechert: Triangulations. w/k - Zwischen Wissenschaft & Kunst. https://doi.org/10.55597/d870

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