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„Kunst und Wissenschaft“ in anderen Medien – Teil III

Text: Stefan Oehm | Bereich: Beiträge über Künstler

Übersicht: Kunst und Wissenschaft. Das klingt für viele so gegensätzlich wie Feuer und Wasser. Dabei sind sich beide so nahe wie Geschwister. Und das schon seit antiker Zeit. Was damals galt, gilt auch heute: Die Kunst sucht die Nähe der Wissenschaft – und die Wissenschaft die Nähe der Kunst. Und Stefan Oehm begibt sich in der Reihe „Kunst und Wissenschaft“ in anderen Medien auf die Spurensuche: nach Ausstellungen, Aufführungen, Büchern, Symposien und Zeitungsartikeln zum Thema.

Vorbemerkung des Herausgebers

Dies ist der dritte Teil von „Kunst und Wissenschaft“ in anderen Medien (Zurück zu Teil I oder Teil II). Stefan Oehm sucht in Zeitungen, im Radio, im Fernsehen, im Internet nach Beiträgen, die sich dem Großthema „Kunst und Wissenschaft“ zuordnen lassen. Die Hinweise sind nach dem folgenden Muster aufgebaut: Autor – Titel – Kurzdarstellung des Beitrags – Link zu weiteren Informationen. Die Zeitungsartikel sind in der Reihenfolge des Erscheinens geordnet, die Hinweise auf Ausstellungen hingegen in der Reihenfolge des Starts der Ausstellungen.

Die w/k-Nutzer werden um Mitwirkung gebeten: Wenn Sie auf weitere „Kunst und Wissenschaft“-Beiträge stoßen, so wenden Sie sich bitte an: stefan.oehm@betriebsbereit.de. Ihr Hinweis wird dann in der nächsten Runde dieser Reihe unter Nennung Ihres Namens veröffentlicht.

1. tatraum projekte schmidt: KLÄR. oder die performativ-poetische suche nach schrödingers katze

In Zeiten der Entgrenzung der Künste eröffnen sich entlang der fließenden Übergänge neue Räume der Entfaltung. Neue Themen. Neue Ausdrucksformen. Wie die theater.tanz.PERFORMANCE, eine interdisziplinäre Arbeit der Gruppe tatraum projekte schmidt: KLÄR. oder die performativ-poetische suche nach schrödingers katze. Wenn Licht Teilchen und Welle sein kann, was heißt das für unsere Welt? Separiert sie sich in Myriaden von Welten? Theatral-tänzerisch wird das spektakulär Irreale ausgelotet, werden wissenschaftliche Informationen und poetische Betrachtungen assoziativ in Zusammenhang gebracht, wird eine Öffnung für ein Dazwischen kreiert, das sich begrifflicher Festlegung entzieht. (Operntunnel, Deutsche Oper am Rhein, Aufführung am 22. August 2018 sowie vom 24. – 26. August 2018.)

Infos: tatraum projekte schmidt

2. Kunsthalle München: Lust der Täuschung – Von antiker Kunst bis zur Virtual Reality

Die Welt ist für uns Menschen vor allem eine optisch definierte Welt. Wir trauen unseren Augen fast blind und halten nur zu gerne das für wahr, was wir wahrnehmen. Doch seit Jahrtausenden narren uns die Künstler. Und gaukeln Auge und Hirn Fakten vor, wo Fiktion ist. Lug und Trug, Illusion und Täuschung. Eine Ausstellung in der Kunsthalle München ist ganz diesem Spiel gewidmet. Und bietet einen faszinierenden Parcours durch vier Jahrtausende Kunstgeschichte zwischen Schein und Sein: Lust der Täuschung – Von antiker Kunst bis zur Virtual Reality. Die Pointe der Täuschung ist da gelungen, wo die
Ent-Täuschung fehl schlägt: Wir nehmen wahr, selbst wenn wir wissen, dass es falsch ist. (Kunsthalle München, Ausstellung vom 17. August 2018 – 13. Januar 2019.)

Infos: Kunsthalle München

3. Thomas Zipp: A PRIMER OF HIGHER SPACE (The Family of Man revisited)

Der Mensch von heute ist ein zerrissener Mensch. Gab ihm die Aufklärung die Freiheit zur individuellen Entfaltung, so wurde ihm diese zur Last. Diese Widersprüchlichkeit moderner Subjektivität, dieser Zwiespalt zwischen dem Ich und dem Kollektiv ist es, mit dem sich der Künstler Thomas Zipp auseinandersetzt. So auch in seiner Ausstellung in der Kunsthalle Gießen A Primer of Higher Space (The Family of Man revisited). Der Titel verweist auf die Ausstellung The Family of Man 1955 im MoMa, dem Museum of Modern Art in New York, deren hehres Ziel die Förderung des ebenbürtigen Miteinanders der Menschen war. Anknüpfend an diesen idealistischen Gestus zeigt Zipp in seiner raumumspannende Installation, wie „der individuelle Lebensentwurf eines jeden Menschen das einheitliche Bild von Gesellschaft“ unterläuft. Dabei rückt er „diese Brüchigkeit von gemeinschaftlichen Verabredungen und Konventionen konsequent in den Vordergrund“ und dekonstruiert konventionelle Wertesysteme und Wissenschaftsmodelle. (Kunsthalle Gießen, Ausstellung vom 01. September  – 18. November 2018.)

Infos: Kunsthalle Gießen

4. teamLab Borderless: MORI Building DIGITAL ART Museum

Mit der Digitalen Transformation erleben wir einen Umbruch, gegen den sich die industrielle Revolution wie eine Randnotiz der Geschichte ausmacht. Geht es hier doch perspektivisch um nichts weniger als das Schreckgespenst der technologischen, posthumanistischen Singularität: die Zukunft der Menschheit als deren Ende. Das ist die eine, fatale Seite. Die andere ist die faszinierende Seite. Sie zeichnet das digitale japanische Künstlerkollektiv teamLab in ihrem Tokioter MORI Building DIGITAL ART MUSEUM und, ganz aktuell, in Helsinki. In interaktiven Räumen und audiovisuellen Welten wird digitale Kunst zu einer grenzüberschreitenden, ja grenzenlosen Erfahrung: Borderless lautet deshalb auch das Motto der Ausstellung, in der aus passiv teilhabenden Betrachtern aktiv teilnehmende Akteure werden. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, befreit tritt sie in den realen, kollektiven Raum, verschmilzt zur konkreten Utopie: zeitvergessenes Staunen bei jung und alt. (Amos Rex Inaugural Exhibition – teamLab: Massless, Ausstellung vom 20. August  2018 –  06. Januar 2019.)

Infos: MORI Building DIGITAL ART MUSEUM Tokio, Amos Rex Inaugural Exhibition, teamLab: Massless Helsinki

5. Museum Folkwang: Corporeality – Performatives Symposium

Wie kann man den Körper verstehen und wie den Verstand verkörpern? Das Motto des Symposiums beleuchtet eindrücklich das ganze Spannungsfeld zwischen künstlerischem Gestus und wissenschaftlichem Anspruch, in dem sich dieses interdisziplinäre experimentelle Tagungsformat bewegt, das die Rolle des Körpers als wesentlichem Vermittler menschlichen Erlebens thematisiert. Ausgewiesene ExpertInnen aus Neurologie, Psychologie, Kunst- und Bildwissenschaft, Philosophie und Soziologie treten in einen kreativen Dialog mit der Kunstwissenschaft, mit ChoreographInnen, Tänzer- und KünstlerInnen, die den geeigneten performativen Rahmen schaffen, um die Diskussionen und Vorträge aufzunehmen und zu erweitern. (Museum Folkwang, Symposium vom 21. September –  23. September 2018.)

Infos: Museum Folkwang

6. Kulturkirche St. Elisabeth: AIS³ – [aiskju:b]
Villa Elisabeth: Physics and Art(efact)

Welch faszinierend synergetische Liaison Kunst und Physik eingehen können, lässt sich in einer Ausstellung in der Kulturkirche St. Elisabeth in Berlin bestaunen: AIS³ – [aiskju:b]. Das, was „auf den ersten Blick wie ein faszinierendes Instrument erscheint, das virtuos auf einer mikrotonalen Klaviatur spielt, ist eine künstlerisch-kompositorische Interpretation von Messdaten des verrücktesten Teleskops der Welt“: des IceCube-Observatoriums. 5160 im Eispanzer des Südpols eingeschmolzene Lichtsensoren fangen die seltenen Lichtblitze der Geisterteilchen (Neutrinos) auf. Und bilden für Tim Otto Roth, der Komponist, Konzeptkünstler sowie Kunst- und Wissenschaftshistoriker in einer Person ist, das Material für ein einzigartiges psychoakustisches Klangexperiment. Zudem ist es Auftakt eines transdisziplinären Symposiums, in dem ausgewiesene Experten aus Naturwissenschaft wie auch aus Musik-, Kunst- und Medienwissenschaft über die Wahlverwandtschaft von Kunst und Physik, das Verhältnis von Physik und Art(efakt) diskutieren. (Villa Elisabeth, Konferenz am 14. und  15. September 2018.)
(Kulturkirche St. Elisabeth, Ausstellung vom 29. August 2018 – 16. September 2018.)

Infos: Villa Elisabeth, Kulturkirche St. Elisabeth, teamLab

7. Museum Abteiberg: Die Zukunft der Zeichnung: Algorithmus

Wer glaubt, dass das, was es unter dem Begriff „Digital Art“ in den Kanon des Kunstschaffens geschafft hat, ein relativ neues Phänomen sei, der irrt gewaltig. Das dokumentiert die Ausstellungsreihe Die Zukunft der Zeichnung: Algorithmus (Sammlung Berni und Hans Joachim Etzold) im Museum Abteiberg Mönchengladbach. Bereits Anfang der 1970er Jahre trugen die Sammler, kurz nach der wegweisenden Ausstellung zur Computerkunst Cybernetic Serendipity am Londoner Institute of Contemporary Arts 1968, ihre ersten Artefakte zusammen, dem schon 1973 im Museum Abteiberg eine Präsentation unter dem Titel Programm, Zufall, System folgte. Die Computergrafik steht hier am Schnittpunkt von geometrischer Abstraktion und Konzeptkunst: Künstler zeichnen nicht mehr, sie lassen zeichnen. Erstellen Programme, auf deren Basis Algorithmen Maschinen Anweisungen geben, wie die Visualisierung zu erfolgen hat. Im Rahmen eines Veranstaltungsprogramms wird anhand dieses Momentums die Frage nach Authentizität, nach Originalität und Kreativität gestellt. Und ob wir nicht vielleicht immer schon algorithmisch gedacht haben. (Museum Abteiberg, Ausstellung vom 10. Juni 2018 – 13. Januar 2019.)

Infos: Museum Abteiberg

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Beitragsbild über dem Text: Unbekannter Autor (2016). Urheberrecht: Creative Commons CC0.

Zitierweise

Stefan Oehm (2019): „Kunst und Wissenschaft“ in anderen Medien – Teil III. w/k - Zwischen Wissenschaft & Kunst. https://doi.org/10.55597/d8618

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