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35 Jahre Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst – Runde 1: Extras

Till Bödeker und Peter Tepe | Bereich: Frühe Verbindungen zwischen Wissenschaft und (bildender) Kunst

Übersicht: Diese Reihe wird im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen dem Mythos-Magazin und w/k realisiert. Anlässlich des 75. Geburtstags von Peter Tepe im Oktober 2023 wird in mehreren Runden auf die bei ihm vorliegenden Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst sowie seine bisherige künstlerische Tätigkeit zurückgeblickt, um sie tiefgreifender als bisher zu untersuchen.

Der am 3. Juni 2023 gebildeten Sektion Frühe Verbindungen zwischen Wissenschaft und (bildender) Kunst sind im Gründungsartikel einige bereits erschienene w/k-Beiträge nachträglich zugeordnet worden. Den ersten neuen Akzent setzt die Reihe 35 Jahren Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst, die in Kooperation mit dem Mythos-Magazin (www.mythos-magazin.de) realisiert wird: Anlässlich des 75. Geburtstags von Peter Tepe im Oktober 2023 wird in mehreren Runden auf die bei ihm vorliegenden Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst sowie seine bisherige künstlerische Tätigkeit zurückgeblickt, um sie tiefgreifender als bisher zu untersuchen. Diese Reihe dient auch dazu, beispielhaft zu zeigen, welche Aktivitäten in der neuen Sektion vorgestellt werden können.

Tepes selbstanalytischer Aufsatz Zwischen Wissenschaft und Kunst als Lebensform ist im Juli 2023 im Mythos-Magazin publiziert worden und hier zugänglich. In diesem w/k-Beitrag werden zeitgleich fünf Extras präsentiert.

Extra 1: Das Fernsehinterview mit Peter Rüben

In seinem neuen Aufsatz weist Tepe auf zwei größere Innovationen hin. In Runde 1 wird es vor allem um die erste gehen; im Aufsatz heißt es:

„Im Wintersemester 1993/94 fand an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf die in den Fächern Philosophie und Germanistik angekündigte Vorlesung Mythisches, Allzumythisches statt – die erste Vorlesung in Theaterform. Sie ist im gleichnamigen Buch bis ins Detail dokumentiert. Das Thema Kunst und Wissenschaft, das seit mindestens zwei Jahrzehnten weltweit eine große Rolle spielt, hatte damals noch keine Konjunktur. Daher kann bezogen auf diese Vorlesung von einer frühen Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst und einer Pionierleistung gesprochen werden.“

Gegen Ende der Vorlesung lud Peter Rüben Helge May und Peter Tepe zu einem Gespräch in die Sendung Happy Hour im Schaufenster Düsseldorf ein. Das Interview mit Ausschnitten aus der vorletzten Vorlesung wurde am 4. Februar 1994 gesendet. Es wird hier erneut veröffentlicht; die Lizenz hat der WDR für ein Jahr erteilt:

Extra 2: Der w/k-Beitrag Vorlesungstheater

Der 2019 erschienene w/k-Beitrag Vorlesungstheater legt das Konzept der theatralischen Vorlesung ausführlich dar; er enthält auch das Nachwort zur Vorgeschichte aus dem 1995 im Melina-Verlag veröffentlichten Buch: Peter Tepe/Helge May: Mythisches, Allzumythisches. Theater um alte und neue Mythen 1.

Extra 3: Das Plakat zur Vorlesung


Das Plakat ist von Yoshiro Nakamura entworfen worden.

Extra 4: Die Verlagsankündigung der Bände Mythisches, Allzumythisches I und II

Peter Tepe, Helge May
MYTHISCHES, ALLZUMYTHISCHES
Band I: Theater um alte und neue Mythen
Band II: Abenteuer um alte und neue Mythen

Beide Bände wurden mitgestaltet von Sabine Jambon, Yoshiro Nakamura, Susanne Stemmler und Ingo Toben.
Melina-Verlag (Anmerkung: Da dieser Verlag nicht mehr existiert, wird Interessenten empfohlen, im Internet nach gebrauchten Exemplaren zu suchen).

Es geht um ‚alte‘ Mythen und um ‚neue‘ Mythen. Es geht um ‚altes‘ mythisches Denken und um ‚neue‘ Denkformen, die mit dem ‚alten‘ mythischen Denken verwandt sind. Stichwort: Ideologie. Es geht um Mythoskritik (und Ideologiekritik), aber auch um die Rettung des Mythos. Gerettet werden kann ein Mythos, wenn er ausdrücklich als Wertsymbol begriffen wird – als sinnlich verdichteter Ausdruck tiefsitzender Wertüberzeugungen. Genauer gesagt: Gerettet werden kann ein Mythos, wenn er als Wertsymbol ohne Erkenntnisanspruch aufgefaßt wird. Mythen und mythische Vorstellungen, so die Leitthese, sind für die Erkenntnis (zumeist) schädlich, aber für die Lebenspraxis (häufig) nützlich. Gehen wir deshalb, so die Botschaft, vom geglaubten Mythos zum fiktionalen Mythos – auch Als-ob-Mythos genannt – über!
Mythisches, Allzumythisches – zwei Bände über ein ‚großes‘ Thema, das da lautet: Vom Nutzen und Nachteil des Mythos für die Erkenntnis und das Leben.
Der erste Band bietet zunächst eine Eröffnung des Zugangs zum Mythos durch eine Revue der wichtigsten Ideen und Ansätze. Danach wendet er sich der Frage zu: Mythisches Denken – was ist das? Die Eigenart mythischer Weltauffassung wird geklärt. Ausführlich kommen die Erkenntnisdefizite mythischen Denkens zur Sprache: Mythos und Illusion. In diesen Partien des Buches wird die integrale Theorie des Mythos und der Ideologie eingeführt, in der der Begriff der Entlastung vom Realitätsdruck eine zentrale Rolle spielt. Danach bahnt sich der Übergang vom geglaubten zum fiktionalen Mythos an. Wert-Projektionen im Mythos und anderswo werden aufgespürt, und der Mythos erscheint nun als ‚lebensdienliches‘ Wertsymbol. In Heinrich Heines Arbeit am Mythos lassen sich Ansätze zu dieser Art des ‚produktiven‘ Umgangs mit Mythen finden. Ebenso bei Nietzsche, bei dem jedoch auch neue ‚geglaubte‘ Mythen auftauchen, die der Kritik zu unterziehen sind. Skizzen zum Starkult in Film und Politik runden den ersten Band ab.

Zu Beginn des zweiten Bandes werden die Hauptthesen des ersten zusammengefaßt. Danach stehen, an den Starkult anknüpfend, Mythen des Alltags auf dem Programm. ‚Alte‘ Mythen und ‚altes‘ mythisches Denken kommen erneut zum Zuge, wenn Eliades Mythostheorie kritisch beleuchtet wird. Das Hauptaugenmerk liegt nun jedoch auf den Quasi-Mythen der Moderne, in die am Beispiel des Marxismus eingeführt wird. Die Kapitel über Feminismus und Mythos setzen diese Linie fort. Die letzten drei Kapitel sind dann dem Thema Mythos und New Age gewidmet.

Helge Peter, du redest nur über Inhalte! Was ist denn mit der Form? Willst du meine Arbeit einfach unter’n Tisch fallen lassen?
Peter Keineswegs – du weißt genau, daß Mythisches, Allzumythisches erst durch deine Ideen zu einem einzigartigen und innovativen Projekt geworden ist.
Helge Wir wollen doch nicht übertreiben. Ein schlichtes genial genügt eigentlich.
Peter Was du mit meinen Sachtexten alles angestellt hast, kannst du gewiß besser sagen als ich.
Helge Gut, gut. Deine Aufgabe war die Theorieentwicklung, meine Aufgabe hingegen die unterhaltsame, amüsante Theorievermittlung.
Peter Eine Verbindung beider ist sicherlich nicht überall sinnvoll.
Helge Sie macht jedoch dort Sinn, wo es um Dinge geht, die für uns alle und für unsere Lebenspraxis wichtig sind.
Peter Zweifellos gibt es viele Popularisierungen von Theorien, und im Erfolgsbuch Sofies Welt wird sogar ein Grundkurs Philosophiegeschichte in Romanform verpackt. Unüblich ist es jedoch, sich schon bei der Entwicklung einer Theorie an ein breiteres Publikum zu richten.
Helge Der eigentliche Witz bei der Sache ist allerdings das Wie, und hier gibt es erhebliche Unterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten Band.
Peter Das hängt natürlich mit den Vorlesungsexperimenten zusammen, aus denen die Bücher erwachsen sind.
Helge Genau. Der erste Band ging aus etwas hervor, was es noch nie gegeben hat – aus einer Vorlesung in Theaterform. Im Laufe der Vorstellungen entstand ein wahres Hexengebräu aus vielen seltsamen Zutaten. Kröte und Igel traten auf, und ihre Gegenspieler, die beiden Ratten. Rattenmythen wurden erfunden, Mythos-Songs aufgeführt, das tiefgründige Nachdenken wurde mit buntem Hokuspokus kontrastiert – um nur einige Hauptpunkte zu nennen.
Peter Für Band I bedeutete das: Die Texte der theatralischen Vorlesungen konnten nahezu unverändert abgedruckt werden. Das hatte zudem den Vorteil, daß der Band auch eine Dokumentation dieses einmaligen wissenschaftlich-künstlerischen Experiments darstellt. Band II ist da ganz anders gestrickt.
Helge So ist es. Nach zwei Theater-Vorlesungen ‚alter‘ Art gingen wir damals zu einer ‚einfacheren‘ dialogischen Vorlesung über.
Peter Und für die Veröffentlichung mußte dieser formale Bruch auf elegante Weise künstlerisch ‚bewältigt‘ werden.
Helge Die Kopf-Filme sind meine Lösung dieses Problems.
Peter Kopf-Filme? Wie meinst du das denn?
Helge Nun, für die Kapitel 3–11 erfand ich wilde Rahmenhandlungen in Dialogform
Peter In der Tat, die sind ziemlich wild und verrückt geraten; Susanne wird sich bedanken, daß sie als Indiana Jane auftreten muß.
Helge Jedem das Seine. Ich erinnere nur an deine Abenteuer als Undercover-Agent im Vatikan … Also, diese Rahmengeschichten sind nicht mehr für die Aufführung auf der Hörsaalbühne geschrieben – es sind sozusagen Filme, die nur im Kopf des Lesers ablaufen.
Peter Deswegen heißen sie Kopf-Filme.
Melina-Verlag Herr May, Herr Tepe, wir danken Ihnen für dieses erhellende Gespräch.

Die Autoren

Helge May, geboren 1965, Studium der Germanistik und Anglistik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Magisterarbeit über Volksmärchen im modernen deutschen Kindertheater. Der Autor von drei in Düsseldorf mit großem Erfolg aufgeführten Kindermusicals ist als Schauspieler, Regisseur und Übersetzer in der freien Theaterszene tätig. Im Herbst 1996 hat ein neues Kindertheaterstück von ihm Premiere: Die wahre Geschichte von Robin Hut.

Prof. Dr. Peter Tepe, geboren 1948, lehrt Neuere Germanistik, Philosophie und Medienwissenschaftan der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Bevor er sich diesen Fächern zuwandte, studierte er von 1968–70 Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. 1987 begann er mit dem Aufbau des Interdisziplinären Studien- und Forschungsschwerpunkts Mythos/Ideologie. Herausgeber der Mythologica. Düsseldorfer Jahrbuch für interdisziplinäre Mythosforschung (seit 1993) und der Schriftenreihe Illusionstheorie – Ideologiekritik – Mythosforschung (seit 1988). Weitere neuere Buchveröffentlichungen: Theorie der Illusionen (1988), Illusionskritischer Versuch über den historischen Materialismus (1989), Postmoderne/Poststrukturalismus (1992), Mein Nietzsche (1993), Pathognostik versus Illusionstheorie (1994, mit Rudolf Heinz), NIETZSCHE/ERKENNEN (1995).

Extra 5: Medienreaktionen auf die Vorlesung

Die Medienreaktionen auf die theatralische Vorlesung und die Bücher Mythisches, Allzumythisches I und II sind für Mythos-Magazin gesammelt worden. Die Sammlung ist hier zugänglich.

Ausblick auf Runde 2

In Runde 2 wird eine der dialogischen Vorlesungen – PsychoMythologie vom  Wintersemester 1994/95 – unter dem Gesichtspunkt Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst genauer unter die Lupe genommen.

Beitragsbild über dem Text: Videostill aus dem im Beitrag enthaltenen Interview mit Peter Rüben.

Zitierweise

Till Bödeker (2023): 35 Jahre Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst - Runde 1: Extras. w/k - Zwischen Wissenschaft & Kunst. https://doi.org/10.55597/d18384

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