w/k - Zwischen Wissenschaft & Kunst
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Neu in der Redaktion: Ingrid Hoepel

Text: Ingrid Hoepel | Bereich: Über w/k

Übersicht: Die neue Redakteurin stellt sich vor und erläutert die Akzente, die sie setzen will.

Wie haben Sie vom Online-Journal w/k – Zwischen Wissenschaft und Kunst erfahren?
Das war ganz zufällig Ende August 2024 – bei einer Online-Recherche zu einem Artikel Rolf Bossarts über John Berger. Plötzlich leuchtete in meinem PC ein Hinweis auf ein Online-Journal der Düsseldorfer Universität auf, das sich dem Verhältnis von Wissenschaft und Kunst widmet! Wie sich manchmal Fenster öffnen, die man nicht bewusst angesteuert hat, die aber aufklappen und plötzlich und unerwartet Hinweise geben, auf die man lange gewartet hat … Ich wollte sofort wissen, ob es mehr von diesen seltsamen Grenzgängern wie mich gibt, die sich nicht zwischen Wissenschaft und Kunst entscheiden mögen, sondern beides wollen und beides ernsthaft betreiben. Die Beiträge gefielen mir außerordentlich gut. Deshalb habe ich den Herausgeber Peter Tepe angeschrieben, mich kurz vorgestellt, und er bat mich sofort ein Konzept für einen Beitrag einzureichen.

Wodurch entstand Ihr Interesse an der Beziehung zwischen Kunst und Wissenschaft?
Da gibt es eigentlich zwei Erklärungen ganz unabhängig voneinander – oder vielleicht hängen sie doch zusammen? Einmal begründet sich mein Interesse aus meinen Forschungsthemen, die andere Erklärung ist biographisch.

Vielleicht die biographische zuerst: Ich habe schon in der Schulzeit das Fach Kunst geliebt, und ich hatte sehr gute Lehrer! Also habe ich Kunstpädagogik an der Kunstakademie studiert, aber gleichzeitig Kunst- und Literaturgeschichte an der Universität, beides mit gleich großer Begeisterung, und beides lief in meinem Leben immer parallel nebeneinander her, es gab Phasen, in denen die praktische Kunst überwog und es gab Phasen der stärker wissenschaftlichen Orientierung.

Nun zur zweiten Begründung aus meinem Forschungsinteresse; die Trennung zwischen den beiden Welten Wissenschaft und Kunst ist in historischer Langzeitperspektive gesehen relativ neu. In Renaissance und früher Neuzeit war es nicht ungewöhnlich, dass die intensive Beschäftigung mit zum Beispiel Mathematik, Physik, Biologie und Kunst, von der Zeichnung über die Malerei bis zur Baukunst, in einem Individuum vereint waren. Das zeigen die ganz großen Künstler und Erfinder wie Leonardo da Vinci und Michelangelo oder auch die Biologin und Grafikerin Maria Sibylla Merian. In der weiteren Entwicklung gab es relativ häufig auch die Verbindung von Kunsthistoriker und Künstler in einer Person – zum Beispiel bei Giorgio Vasari, Joachim von Sandrart, Carel van Mander oder Roger de Piles. Sie alle veröffentlichten Künstlerbiographien, waren aber auch selbst Maler. Mit diesen Kunsthistoriker-Künstlern habe ich mich viel beschäftigt. Dasselbe gilt für die Verfasser*innen der Emblembücher, die im Hauptberuf oft Ärzte, Juristen, Naturwissenschaftler, Diplomaten oder Geistliche waren. Viele haben nicht nur die Texte geschrieben, sondern die Bilder ihrer Embleme selbst gezeichnet und für die Veröffentlichung mit Stechern und Verlegern zusammengearbeitet.

Das könnte ich viel weiter ausführen, aber ich mache jetzt einen zeitlichen Sprung zur Jahrtausendwende. Seit 2000 interessierte ich mich konkret für eine Wiederaufnahme der Kunstform des Emblems und der emblematischen Denkform im 20. Jahrhundert.[1] Daraus entstand 2005 ein Buchprojekt zusammen mit englischen Kolleg*innen zu Bezügen zeitgenössischer Kunst zur Emblematik des 16. und 17. Jahrhunderts. Wir untersuchten unter anderem das Werk des schottischen Künstlers Ian Hamilton Finlay, der bewusst auf die Emblematik zurückgriff, nahmen aber auch Bezüge zwischen Comic und Emblematik in den Blick und fanden emblematische Strukturen in bestimmten Formen der digitalen Medienkunst, zum Beispiel bei Jeffrey Shaw, Peter Weibel und Agnes Hegedüs.[2] Agnes Hegedüs etwa reflektiert in Die Sprache der Dinge das Thema der Bedeutungszuschreibung zu Dingen, ein Vorgehen, das in anderer Weise auch für das Emblem, die emblematische res, zutrifft. Die aktuelle Emblemforschung versteht sich als Teil der Bildwissenschaften, die über das Kunstbild im engeren Sinn hinaus alle Bilder der Welt umfasst – in historischen und aktuellen Medien wie im Alltag.[3] Dazu gehören zum Beispiel auch bildgebende Verfahren in der Medizin. 

Welche Formen von Zusammenarbeit / Beziehungen zwischen Wissenschaft und Kunst interessieren Sie besonders? Welche Akzente wollen Sie in der w/k-Redaktion setzen?
In erster Linie möchte ich Künstler*innen, die ins Profil von w/k passen, suchen und ansprechen, sie zur Mitarbeit am Journal motivieren und ihre Beiträge redaktionell betreuen. Dabei interessiert mich besonders die Motivation von Menschen, die Kunst und Wissenschaft in einer Person vereinen. Dazu gehört zum Beispiel der wechselseitige Einfluss von wissenschaftlicher Forschung und künstlerischer Produktion, bezogen auf die jeweilige Thematik und auf formale Aspekte. Mich interessiert, wie sich Bildwahrnehmung und das Wissen darüber in Kunst niederschlägt – an meinem eigenen Werk und in dem anderer. Dabei denke ich zum Beispiel an die Verbindung von Bild und Text im Comic und in Bildergeschichten oder Memes. Auch die Entscheidungsprozesse im Verlauf des Kunst-Machens möchte ich in den Blick nehmen.

Ein anderer Aspekt, der mich interessiert, sind die Formen der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler*innen und Künstler*innen. Auch diese Fragestellung hat für mich Wurzeln in der Emblemforschung – einige der Verfasser von Emblemen brauchten für die druckgraphische Umsetzung ihrer Text- und Bildideen die Unterstützung professioneller Kupferstecher und Drucker. Da stellt sich oft die Frage, wie der Verständigungsprozess ausgesehen haben könnte und wie sich die Anteile auf die Beteiligten verteilen. Wenn die Embleme in die Architektur übernommen wurden, kamen weitere Personen für die Ausführung und die Umsetzung hinzu. Dieselbe Frage kann sich bei zeitgenössischer Kunst stellen, zum Beispiel bei digitaler Medienkunst, bei der die Zusammenarbeit von Künstlern und Informatikern notwendig ist. Ich kann mir vorstellen, solche Beziehungen auch in theoretischen Beiträgen zu untersuchen, unter historischer Perspektive oder an zeitgenössischen Beispielen.

Beitragsbild über dem Text: Ingrid Hoepel (2024). Foto: Ingrid Hoepel.


[1] Zur Emblematik vgl. Ingrid Hoepel (2024): Embleme – Emblemforschung – Emblemkunst. w/k – Zwischen Wissenschaft & Kunst. https://doi.org/10.55597/d19521

[2] Emblematic Tendencies in the Art and Literature of the Twentieth Century, ed. by Anthony J. Harper, Ingrid Hoepel and Susan Sirc, Glasgow Emblem Studies 10, Glasgow 2005.

[3] Beispiel dafür ist die Umbenennung und Neuorientierung des „Center for Emblem Studies“ an der Universität Glasgow zum „Center for Text and Image Studies“.

 

Zitierweise

Ingrid Hoepel (2025): Neu in der Redaktion: Ingrid Hoepel. w/k - Zwischen Wissenschaft & Kunst. https://doi.org/10.55597/d19623

Der Artikel ist auch in EN verfügbar.

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