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Irene Daum im utopischen Band 2084

In dem von dem italienischen Schriftsteller Franco Ferrari Delfino herausgegebenen, auf 500 Exemplare limitierten und nummerierten Künstlerbuch 2084 präsentieren 42 Autoren aus mehreren europäischen Ländern und den USA in ihrer jeweiligen Landessprache ihre Sicht auf die Welt im Jahr 2084. Im Mittelpunkt der Beiträge stehen dabei Überlegungen, wie sich der Alltag an einem Ort oder in einem Land in der Zukunft darstellen könnte oder wie sich die Situation auf einem künstlerischen oder wissenschaftlichen Gebiet weiterentwickeln könnte. Neben Texten werden Zeichnungen, Karikaturen und Fotografien zu diesen Themen vorgestellt. Viele der beteiligten Autoren arbeiten seit vielen Jahren am Ateneo Veneto di Scienze, Lettere ed Arti in Venedig zusammen. Das Buch ist zukünftigen Generationen, Enkeln und Urenkeln gewidmet. Alle Autoren und Künstler zeichnen ein Bild von der Welt im Jahr 2084, das sich in vielerlei Hinsicht von der Gegenwart unterscheidet.

Irene Daum schildert in einem deutschsprachigen Beitrag, der mit zahlreichen Fotografien der Autorin illustriert ist, die Lebenssituation im Jahr 2084 in Berlin als einer Metropole, die von technischen Errungenschaften und smart living geprägt ist. Öffentliche Verkehrsmittel nutzen erneuerbare Energien, Virtual Reality-Erlebnisse ersetzen den klassischen Museums- oder Parkbesuch. Bepflanzungen und wasserschonende Vorrichtungen sind hervorstechende Merkmale zeitgenössischer Architektur. Aber auch im Jahr 2084 existieren in Berlin wie eh und je Mittel und Wege, um die Eckkneipen, die noch Alkohol ausschenken, die Cabarets oder die Alternativ-Kultur zu finden, die den Charme und die Individualität der Stadt im frühen 21. Jahrhundert ausmachten.  In ähnlicher Weise beschreibt Erik Denker von der National Gallery of Art in Washington den Alltag in den USA im Jahr 2084, der nach Epidemien, Wassermangel  und Umweltkatastrophen von einem ökologischen Lebensstil geprägt ist, mit vegetarischer Ernährung und der zunehmenden Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Dazu kommen eine Reorganisation der Bundesstaaten und veränderte Sozialstrukturen, so teilen sich z.B. mehrere Menschen einen Arbeitsplatz.

Zahlreiche Beiträge konzentrieren sich auf die Zukunft der Stadt Venedig. Als Beispiel sei der Text von Roberto d‘Agostino genannt, der eine Situation im Jahr 2084 beschreibt, in der die Stadt nur mit einer sehr teuren Eintrittskarte besucht werden kann, was sich nur wenige Touristen leisten können. Gianni Fabbri schildert die Transformation der Lagune und die Rettung der Stadt durch das MOSE-System, das die Schäden durch Überflutungen reduziert, und Giandomenico Romanelli beschreibt einen von den Folgen der Pandemie geprägten Alltag.

Zeichnungen und Aquarelle der Künstler Guido Fuga, Giancarlo Benedetti Corcos und Luc Francois Granier zeigen Landschaften, Alltagsszenen, Flora und Fauna im Jahr 2084. Die deutsche Bildhauerin und Malerin Antje Tesche-Mentzen präsentiert in ihrem Beitrag ein Bild von Mutter Erde in der Zukunft, verbunden mit der Überzeugung, dass die Kunst immer überleben wird. Massimo Contiero, der ehemalige Direktor des Konservatorium Benedetto Venedig, schildert die anhaltende Liebe zur Musik und insbesondere zur Oper und den Wunsch vieler Menschen nach einer stärkeren Würdigung der Kultur. Paolo Balboni schreibt über Entwicklungen der gesprochenen Sprache im Jahr 2084 und die zunehmende Verbreitung einer Einheitssprache, dem Newspeak und bedauert das Verschwinden der Sprachen, die in kleineren Ländern Muttersprachen sind. Petra Vedali stellt sich in ihrem Beitrag eine Revolution des Reisens vor, nach der hyperschnelle Transportmittel wie eine neue Generation von Zügen in kürzester Zeit Städte und Länder miteinander verbinden. 

2084 – Rapsodia cosmica (2021), hrsg. von Franco Ferrari Delfino. La Toletta Edizioni, Venedig, ISBN 978-88-85455-32-0

Beitragsbild über dem Text: Cover 2084. Foto: Irene Daum.